Das 1x1 der Scheide: Anatomie, Funktionen, Veränderungen, was normal ist und was nicht
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Das 1x1 der Scheide: Anatomie, Funktionen, Veränderungen, was normal ist und was nicht

Jasmine Chiam Jasmine Chiam

Eines der gängigsten Missverständnisse über die Scheide ist, dass es sich dabei um den gesamten äußeren weiblichen Genitalbereich handelt.

Falls du dich noch an deinen Biologie- oder Sexualkundeunterricht erinnerst, wirst du jedoch wissen, dass die Scheide tatsächlich nur einer von vielen Teilen des unteren Fortpflanzungstrakts ist.

Und während die Scheide weithin für ihre Rolle bei der sexuellen Fortpflanzung bekannt ist, kann sie im Laufe deines Lebens viele verschiedene Funktionen erfüllen, von der Immunabwehr bis hin zur Geburt eines Kindes [1].

So viel wir auch über diesen Teil unseres Körpers zu wissen glauben – denn schließlich besitzt du ihn eventuell selbst –, es gibt nach wie vor etliche weit verbreitete Mythen über die Funktion, Anatomie und Lage der Scheide, die geklärt werden müssen.

In diesem Artikel werden wir besprechen, was die Scheide tatsächlich ist, wo sie sich befindet, was sie tut und wie sie sich im Laufe des Lebens verändert. Was du über diesen faszinierenden Körperteil erfahren wirst, könnte dich überraschen!

Was ist die Scheide?

Beginnen wir mit der Frage, was die Scheide wirklich ist.

Die Scheide oder Vagina ist ein weibliches Geschlechtsorgan, das eine wichtige Rolle für die Fortpflanzung und das sexuelle Vergnügen spielt [1]. Sie ist ein schlauchförmiges Organ, das den Fortpflanzungstrakt in deinem Körper mit der Außenwelt verbindet.

Sie ermöglicht eine Schwangerschaft, indem sie die Spermien in den Körper eindringen und eine Eizelle befruchten lässt. Während der Geburt ist sie der Weg, auf dem das Baby zur Welt kommt, und sie ist die Körperöffnung, durch die während der Menstruation totes Gewebe und Blut aus dem Körper ausgeschieden werden [1].

Anatomie und Lage der Scheide

Die Scheide ist ein dehnbarer, muskulärer Schlauch mit einer Länge von 7 bis 10 cm. Sie beginnt an deinen äußeren Genitalien, der sogenannten Scham (Vulva), und reicht bis zum Gebärmutterhals (dem unteren Bereich deiner Gebärmutter).

Wie ist es jedoch möglich, dass dieser Schlauch in deinem Körper etwas so Kleines wie einen Tampon festhält und dennoch ein deutlich größeres Baby passieren lassen kann?

Nun, der Scheidenkanal hat einige Tricks auf Lager, die ihm ermöglichen, sich auszudehnen und anschließend in seine ursprüngliche Form zurückzukehren.

Die Anatomie der Scheide

Die Wände der Scheide bestehen aus drei Schichten: die innere Schleimhautschicht, die mittlere Muskelschicht und die äußere bindegewebige Schicht [1].

Die mittlere Schicht besteht aus glatten Muskelzellen, die sich zusammenziehen und entspannen können. Wenn sich die Scheide in ihrem normalen (ruhenden) Zustand befindet, sind diese glatten Muskelzellen aktiv und üben einen konstanten Druck aus, um beispielsweise einen Tampon festhalten zu können [2].

Im nicht erregten Zustand ist die Scheide ein kollabierter Schlauch, der sich ausdehnen kann. Dieser Schlauch bildet weder eine einfache gerade Linie, noch eine andere bekannte geometrische Form. Frühere wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass der Querschnitt der Scheide ein „H“ bildet, neuere Studien legen jedoch nahe, dass er ein „W“ bildet [3].

Wie dehnt sich dieser kollabierte Scheidenkanal aus?

Nun, die innere Schleimhautschicht weist Strukturen auf, die als Rugae bezeichnet werden. Diese bilden die im Scheidenkanal vorkommenden Falten, Rillen und Höcker, durch die sich die Scheide ausdehnen und dann wieder in ihren Normalzustand zurückkehren kann [4].

Wo befindet sich die Scheide?

Folgendes solltest du wissen [1]:

  • Die Scheidenöffnung liegt zwischen dem Anus und der Öffnung der Harnröhre (dem dünnen, schlauchförmigen Organ, das den Harn aus der Harnblase aus dem Körper ableitet).
  • Diese Öffnung wird schützend durch als Schamlippen bezeichnete Hautfalten umgeben.
  • Der Scheidenkanal befindet sich hinter der Harnblase und vor dem Rektum (dem letzten Teil des Dickdarms).

Die Funktionen der Scheide

Die bekannteste und wichtigste Funktion der Scheide ist die sexuelle Fortpflanzung.

Die Scheide erfüllt jedoch mehrere weitere Funktionen, darunter:

  • Aufnahme des Penis: Die Scheide nimmt den Penis beim Geschlechtsverkehr auf und fungiert als Reservoir, in dem sich die Samenflüssigkeit zunächst ansammeln kann, bevor die Samenzellen zur Befruchtung einer lebensfähigen Eizelle aufwärts schwimmen [5].
  • Geburt: Während der Geburt ermöglicht die Scheide den Austritt des Babys aus dem Körper der Mutter.
  • Freisetzung von Schleim und Gewebe: Während der Menstruation scheidet dein Körper totes Gewebe, Schleim und Blut aus. Diese fließen durch die Scheide aus deinem Körper aus [5].
  • Immunabwehr: Der saure pH-Wert und die Mikrobiota der Scheide (die Gesamtheit der in der Scheide vorkommenden Mikroorganismen) können zum Schutz vor schädlichen Krankheitserregern beitragen [1].
  • Sexuelles Vergnügen: Die Nervenendigungen in den Scheidenwänden können stimuliert werden, um sexuelle Erregung und Lust zu erzeugen [1].

Wie verändert sich die Scheide im Laufe des Lebens?

Wie viele andere Teile deines Körpers durchläuft die Scheide mit zunehmendem Alter verschiedene Veränderungen.

Im Folgenden werden wir besprechen, wie verschiedene Faktoren wie das Alter, Schwangerschaften und die Menstruation zu Veränderungen der Funktion und Struktur deiner Scheide führen.

Wie verändert sich die Scheide mit dem Alter?

Mit zunehmendem Alter musst du aufgrund hormoneller Schwankungen mit erheblichen Veränderungen deiner Scheide rechnen.

Während der Pubertät steigt die Produktion des weiblichen Hormons Östrogen, was zu einer Verdickung der Scheidenschleimhaut und einer Vergrößerung der Scheide führt. Gleichzeitig beginnen der Gebärmutterhals und die Scheide größere Mengen an Sekret zu produzieren [6].

Während dieses Lebensabschnitts kommt es zudem zu signifikanten Veränderungen der in der Scheide vorkommenden Mikroflora (Scheidenmikrobiota). Die Anzahl der Milchsäure-bildenden Mikroorganismen steigt während der Pubertät an. Dies trägt dazu bei, einen richtigen pH-Wert in der Scheide aufrechtzuerhalten und die Scheide vor dem Eindringen schädlicher Bakterien zu schützen [7].

Später im Leben wirst du dich allmählich der Perimenopause und Menopause nähern. Während dieser als Wechseljahre bezeichneten Zeit beginnt der Östrogenspiegel in deinem Körper zu sinken, wodurch die Scheidenschleimhaut dünner wird. Die Schleimhautfalten in deiner Scheide (Rugae) werden glatter, und zudem wirst du möglicherweise mit den Jahren feststellen, dass deine Scheide zu einem Lubrikationsmangel und Trockenheit neigt. Dies kann zu Beschwerden während des Geschlechtsverkehrs führen [7].

Darüber hinaus verändert sich deine Scheidenmikrobiota, was zu einer eher alkalischen Umgebung führt. Dadurch kannst du anfälliger für Infektionen werden [6].

Wie verändert sich die Scheide während des Menstruationszyklus?

Während des Menstruationszyklus kommt es wiederum durch hormonelle Schwankungen zu Veränderungen der Scheide. Beispielsweise erreicht die Dicke der Scheidenschleimhaut aufgrund der Östrogenstimulation zur Mitte des Zyklus ihren Höhepunkt [6].

Die Wissenschaft untersucht weiterhin die Frage, wie sich die Scheidenmikrobiota im Verlauf des Zyklus verändert. Einige Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass das Gleichgewicht der Scheidenmikrobiota während der Menstruation weniger stabil ist, was zu einem Anstieg des vaginalen pH-Wertes führt [6, 8].

Wie verändert sich die Scheide während der Schwangerschaft?

Während der Schwangerschaft steigt die Durchblutung, was zu einer dunkleren Färbung der Scham (Vulva) führt. Und zur Vorbereitung der Geburt werden die Muskelfasern der Scheidenwand größer [6].

Während der Geburt entspannt sich Muskulatur, sodass die Falten (Rugae) flach werden und sich der Scheidenkanal zum Austritt des Babys ausdehnen kann [6].

Wie verändert sich die Scheide während des Sex?

Bei sexueller Erregung wird ein als Stickstoffmonoxid bezeichnetes Signalmolekül freigesetzt. Obgleich die Scheide selbst keine Drüsen besitzt, führt die Freisetzung von Stickstoffmonoxid dazu, dass Flüssigkeit aus den umliegenden Kapillaren austritt, und diese Flüssigkeit passiert dann die Scheidenwand, um während des Geschlechtsverkehrs als Gleitmittel zu fungieren [1].

Gleichzeitig dehnt und verlängert sich die Scheide, wobei sich ihre glatte Muskulatur so entspannt, dass der Penis eindringen kann. Während des Orgasmus kommt es zu rhythmischen Kontraktionen der Scheidenwände [9].

Tampons, Menstruationstassen und die Scheide

Deine Scheide kann natürlicherweise kleinere Hygieneartikel wie einen Tampon oder eine Menstruationstasse festhalten. Die Scheidenmuskulatur ist im Ruhezustand aktiv und übt einen konstanten Druck aus, der dafür sorgt, dass Tampons und Menstruationstassen nicht verrutschen [2].

Bei korrekter Anwendung ist es grundsätzlich unwahrscheinlich, dass Tampons deine vaginale Gesundheit beeinträchtigen. Tatsächlich bewertet die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA die Sicherheit von Tampons, bevor diese rechtmäßig in den USA vermarktet werden können. Die FDA hat Einwegtampons zugelassen. Wiederverwendbare Tampons sind jedoch noch nicht durch die FDA zugelassen, da sie das Risiko von Pilz-, Hefe- und bakteriellen Infektionen der Scheide erhöhen können [10].

Einigen Untersuchungen zufolge können Menstruationstassen ebenso sicher angewendet werden. Aufgrund dieser Ergebnisse führt die Anwendung von Menstruationstassen nicht zu einer Schädigung oder Verletzung der Scheide oder des Gebärmutterhalses und erhöht das Risiko einer Scheideninfektion nicht. Überraschenderweise haben Wissenschaftler festgestellt, dass Menstruationstassen tatsächlich zu einem im Vergleich zu Binden und Tampons geringeren Infektionsrisiko führen können [11].

Scheidenausfluss und andere vaginale Symptome: Was ist nicht normal? 

„Was sind Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt? Warum riecht, juckt oder brennt meine Scheide, und muss ich deswegen zum Arzt? Sollte ich mich aufgrund einer Veränderung der Farbe meines Scheidenausflusses ärztlich untersuchen lassen?“

Es ist völlig verständlich, wenn du dir hinsichtlich des Aussehens deines Ausflusses und anderer damit verbundener Symptome Sorgen machst.

Dein Scheidenausfluss kann durchaus normal sein. Wenn du noch nicht in den Wechseljahren bist, kannst du davon ausgehen, dass deine Scheide jeden Tag etwa einen halben bis einen Teelöffel eines Sekrets ausscheidet. Dieser Scheidenausfluss ist in der Regel schleimartig, dick, klar oder weißlich und meistens geruchlos [12].

Wenn dein Scheidenausfluss jedoch mit bestimmten Symptomen einhergeht, hast du möglicherweise eine Infektion oder eine Reaktion auf eine körperfremde Substanz. Zu diesen Anzeichen und Symptomen gehören [12]:

  • grünlicher oder gelblicher Ausfluss mit schaumiger Textur,
  • Juckreiz, Rötung, Schmerzhaftigkeit oder ein brennendes Gefühl im Genitalbereich,
  • übler Scheidengeruch,
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Wasserlassen,
  • Scheidenausfluss mit Blutspuren.

Das inne Minilab ist ein Gerät für den häuslichen Gebrauch, mit dem du deinen vaginalen und hormonellen Gesundheitszustand beobachten kannst. Dieses Gerät synchronisiert sich mit einer Smartphone-App, die deine auf Speicheltests basierten Hormondaten sicher speichert und analysiert und es dir so ermöglicht, den Überblick über deinen Scheidenausfluss und deine Symptome zu behalten.

Indem du weißt, was für dich normal ist, kannst du bei ersten Anzeichen von Problemen sofort eine(n) Ärztin/Arzt aufsuchen.

Wie jeder andere Körperteil auch ist die Scheide anfällig für Krankheiten, Verletzungen und Infektionen. Indem du deine vaginale Gesundheit im Auge behältst, wirst du jedoch spüren können, wenn etwas nicht stimmt, und kannst dich bei Bedarf behandeln lassen. 


Referenzen

  1. Gold JM, Shrimanker I. Physiology, Vaginal. [Updated 2022 Jul 25]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK545147/
  2. Clark, G. L., Pokutta-Paskaleva, A. P., Lawrence, D. J., Lindsey, S. H., Desrosiers, L., Knoepp, L. R., Bayer, C. L., Gleason, R. L., Jr, & Miller, K. S. (2019). Smooth muscle regional contribution to vaginal wall function. Interface focus, 9(4), 20190025. https://doi.org/10.1098/rsfs.2019.0025
  3. Barnhart, K. T., Izquierdo, A., Pretorius, E. S., Shera, D. M., Shabbout, M., & Shaunik, A. (2006). Baseline dimensions of the human vagina. Human Reproduction, 21(6), 1618–1622. https://doi.org/10.1093/humrep/del022
  4. ScienceDirect. (2016). Vagina. ScienceDirect. Retrieved January 5, 2023, from https://www.sciencedirect.com/topics/agricultural-and-biological-sciences/vagina
  5. Nguyen JD, Duong H. Anatomy, Abdomen and Pelvis, Female External Genitalia. [Updated 2022 Jul 25]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK547703/
  6. Farage, M., & Maibach, H. (2005). Lifetime changes in the vulva and vagina. Archives of Gynecology and Obstetrics, 273(4), 195–202. https://doi.org/10.1007/s00404-005-0079-x
  7. Szymański, J. K., Słabuszewska-Jóźwiak, A., & Jakiel, G. (2021). Vaginal Aging-What We Know and What We Do Not Know. International journal of environmental research and public health, 18(9), 4935. https://doi.org/10.3390/ijerph18094935
  8. Eschenbach, D. A., Thwin, S. S., Patton, D. L., Hooton, T. M., Stapleton, A. E., Agnew, K., Winter, C., Meier, A., & Stamm, W. E. (2000). Influence of the Normal Menstrual Cycle on Vaginal Tissue, Discharge, and Microflora. Clinical Infectious Diseases, 30(6), 901–907. https://doi.org/10.1086/313818
  9. Woodard, T. L., & Diamond, M. P. (2009). Physiologic measures of sexual function in women: a review. Fertility and sterility, 92(1), 19–34. https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2008.04.041
  10. Office of the Commissioner. (2020, September 30). The Facts on Tampons—and How to Use Them Safely. U.S. Food And Drug Administration. https://www.fda.gov/consumers/consumer-updates/facts-tampons-and-how-use-them-safely
  11. Van Eijk, A. M., Zulaika, G., Lenchner, M., Mason, L., Sivakami, M., Nyothach, E., Unger, H., Laserson, K., & Phillips-Howard, P. A. (2019). Menstrual cup use, leakage, acceptability, safety, and availability: a systematic review and meta-analysis. The Lancet Public Health, 4(8), e376–e393. https://doi.org/10.1016/s2468-2667(19)30111-2
  12. Sobel, J. (2021, March). Patient education: Vaginal discharge in adult women (Beyond the Basics). UpToDate. Retrieved January 6, 2023, from https://www.uptodate.com/contents/vaginal-discharge-in-adult-women-beyond-the-basics/print



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