Deine Brüste und die Laktation
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Deine Brüste und die Laktation

Rhiannon Coen Rhiannon Coen

Die Bildung und Freisetzung von Milch aus den Brüsten wird als Laktation bezeichnet – ein komplexer Vorgang, der üblicherweise mit Frauen in Verbindung gebracht wird, die ihre Säuglinge mit Muttermilch ernähren.

Wusstest du jedoch, dass die Laktation tatsächlich vor der Geburt des Babys beginnt? Zudem gibt es Fälle, in denen die Laktation sogar ohne die Geburt eines Kindes möglich ist.

Egal, ob du als Baby gestillt wurdest, in Zukunft ein Baby stillen oder einfach nur deinen Körper besser kennenlernen möchtest, dieser Artikel wird dir helfen, das A und O der Laktation zu verstehen.

Wir werden die Gründe für die Laktation und die verschiedenen Faktoren erläutern, die diesen Vorgang auslösen, in Gang halten und beenden können.

Warum laktieren wir Menschen?

Aus biologischer Sicht haben wir die Laktation entwickelt, um unseren Säuglingen eine ideale Nahrungsquelle zu bieten und ihr Immunsystem zu unterstützen [1]. Das Stillen fördert zudem die Bindung zwischen Mutter und Kind und hat eine Vielzahl weiterer gesundheitlicher Vorteile [2].

Woraus besteht die Muttermilch?

Die Milch besteht hauptsächlich aus Wasser, wobei die anderen Inhaltsstoffe je nach der Dauer der Stillzeit, der Häufigkeit der Milchfreisetzung und erstaunlicherweise der Tageszeit schwanken können.

Vielleicht hast du bereits vom Kolostrum gehört, das auch als „Erstmilch“ bezeichnet wird, da es sich dabei um die erste, unmittelbar nach der Geburt abgegebene Milch handelt. Möglicherweise bist du jedoch mit der anschließend gebildeten „reifen Milch“ besser vertraut.

Was hat es also mit der Laktation und dem Kolostrum genau auf sich?

Das Kolostrum wird in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft gebildet und innerhalb der ersten Tage nach der Geburt freigesetzt. Es handelt sich dabei um eine dicke, gelbe Flüssigkeit, die äußerst reich an Nährstoffen und Antikörpern zur Unterstützung des Immunsystems des Neugeborenen ist. Es zeichnet sich durch einen hohen Eiweiß- und niedrigen Fett- und Kohlenhydratgehalt aus und wird nur in geringen Mengen produziert [3].

Etwa 10 bis 14 Tage nach der Geburt gehen die Brüste dann langsam zur Freisetzung der reifen Milch über, die in großen Mengen produziert wird und einen höheren Fett- und Kohlenhydratgehalt hat. Sie enthält zudem essentielle Nährstoffe wie Kalzium, Magnesium und Vitamin C [3].

Interessanterweise kann sich die Muttermilch während eines Still- oder Abpumpvorgangs ändern – die anfangs austretende Vormilch ist wässriger, während die zum Schluss gebildete Nachmilch fettreicher ist. Je häufiger die Milch freigesetzt wird, desto höher ist ihr Fettgehalt [2].

Zudem ist die Milch morgens fettreicher als nachtsüber [2].

Woher kommt die Milch?

Die Milch wird in einem als Alveolen bezeichneten Bereich der Brüste gebildet und gespeichert. Bei den Alveolen handelt es sich um kleine Drüsenbläschen, die wiederum zu Drüsenläppchen zusammengefasst sind. Die Milch wird von den Alveolen durch als Milchgänge bezeichnete kleine Kanäle transportiert, wobei sich diese Kanäle direkt unter dem Brustwarzenhof (dem stärker pigmentierten Teil in der Mitte jeder Brust) ausdehnen. Die Milchgänge stehen in Verbindung mit winzigen Löchern an der Oberfläche der Brustwarzen, dem hervorstehenden Bereich des Brustwarzenhofs, in dem die Milch abgegeben wird [4].

Die Brüste bereiten sich schon vor der Geburt auf die Laktation vor. Bei weiblichen Embryos beginnt die Brustentwicklung bereits etwa in der fünften Woche. Die Brüste verändern sich erst mit Einsetzen der Pubertät (etwa zwei Jahre vor der ersten Periode) weiter, wobei sie dann einen erheblichen Reife- und Wachstumsprozess durchlaufen [4].

Während der Schwangerschaft entwickeln sie sich weiter und bereiten sich auf die Bildung des Kolostrums vor [5].

Wie wird die Milch gebildet?

In den meisten Fällen entsteht die Muttermilch durch die Wirkung von Hormonen, die während der Schwangerschaft und nach der Geburt freigesetzt werden. Diese Hormone teilen dem Gehirn und den Brüsten mit, mit der Milchproduktion zu beginnen.

Die Laktation erfolgt in drei Phasen:

  • Die erste Phase findet im zweiten Trimester etwa während der 15. bis 20. Schwangerschaftswoche statt. Infolge des Wachstums der Brüste und des Anstiegs des Hormons Prolaktin kommt es zur Bildung des Kolostrums. Aufgrund der hohen Konzentrationen der Hormone Östrogen und Progesteron wird das Kolostrum jedoch während dieser Phase im Allgemeinen nicht aus der Brust freigesetzt. Das Östrogen und Progesteron verhindern die Laktation [6].
  • Die zweite Phase der Milchproduktion wird oft als „Milcheinschuss“ bezeichnet, da sie den Beginn der in größeren Mengen stattfindenden Bildung und Abgabe der Milch markiert. Diese Phase beginnt etwa 30 bis 40 Stunden nach der Geburt und wird durch die Geburt des Säuglings und der Plazenta ausgelöst. Dieses Stadium wird durch hohe Prolaktinspiegel in Verbindung mit sinkenden Progesteron- und Östrogenspiegeln unterstützt. In dieser Phase wirst du üblicherweise ein Völlegefühl deiner Brüste bemerken, da sich diese mit Milch füllen [6].
  • In der dritten Phase der Laktation kommt es zur Freisetzung der Milch aus den Brüsten. Wenn die Milch durch ein saugendes Baby, durch Ausstreichen per Hand oder durch eine Milchpumpe entnommen wird, wird ein Signal an einen Bereich des Gehirns, den sogenannten Hypothalamus, gesendet. Das Gehirn signalisiert dann den Brüsten, mehr Milch zu produzieren [6]. Das bedeutet, dass du umso mehr Milch bildest, je mehr du freisetzt!

Nachdem die Laktation im Gange ist, werden die Brüste die Milch als Reaktion auf den Milchejektionsreflex freisetzen, den du vielleicht unter der Bezeichnung Milchspendereflex kennst. Diese unwillkürliche Funktion wird ausgelöst, wenn die Brustwarzen durch ein säugendes Baby stimuliert werden. Sie kann jedoch auch durch das Geräusch eines weinenden Babys, durch die Gedanken an ein Baby oder während des Vorbereitens auf das Stillen ausgelöst werden [6].

Wodurch kommt es zu Störungen der Laktation?

Von zugrundeliegenden gesundheitlichen Problemen bis hin zu Komplikationen während der Schwangerschaft – es gibt viele Faktoren, die dazu führen können, dass eine Mutter nicht laktiert oder eine geringe Milchproduktion hat. Die Laktation kann auch vorübergehend aufgrund körperlicher oder emotionaler Faktoren zum Erliegen kommen.

Einige Frauen sind nach einer Schwangerschaft aufgrund unterentwickelter Brüste oder anderer zugrundeliegender Ursachen überhaupt nicht zur Bildung von Muttermilch in der Lage [2]. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass kleinere Brüste in der Regel nicht mit Stillproblemen einhergehen oder bestimmen, wie viel Milch du pro Tag produzieren kannst [6].

Zu den weiteren Risikofaktoren einer mangelnden Fähigkeit zur Milchproduktion gehören:

  • Brust-OPs,
  • Hormonstörungen,
  • Krankheiten wie Diabetes,
  • Viren und Infektionen sowie
  • Drogenkonsum [2].

Außerdem ist es wichtig, zu beachten, dass es für die Etablierung einer ausreichenden Milchversorgung wichtig ist, möglichst bald nach der Geburt mit dem Stillen zu beginnen. Dies bedeutet, dass Situationen, in denen die Mütter direkt nach der Geburt von ihren Babys getrennt werden, die Fähigkeit der Frau zur Milchproduktion beeinträchtigen können [2].

Zudem kann die Bildung der Muttermilch plötzlich unterbrochen werden, wenn die Frau körperliche Schmerzen, Schamgefühle, Angst oder Stress empfindet, da diese Faktoren zur Freisetzung des Hormons Adrenalin führen können, das die Wirkung des für die Laktation wichtigen Hormons Oxytocin beeinträchtigen kann. Unterbrechungen des regelmäßigen Stillens, wie z. B. durch die Rückkehr an den Arbeitsplatz, können sich ebenfalls auf die Muttermilchmenge auswirken [2].

Was kannst du tun, um die Laktation zu fördern?

Wenn du bereits stillst und deine Muttermilchproduktion aufrechterhalten oder steigern möchtest, solltest du am besten häufig Milch abgeben und dabei sicherstellen, dass deine Brüste jedes Mal vollständig entleert werden, da dies die Milchbildung anregt [2].

Zudem kannst du Galaktogoga ausprobieren. Dies sind Arznei-, Lebens- und pflanzliche Heilmittel, die den Körper hinsichtlich der Produktion von Muttermilch unterstützen. Dein(e) Arzt/Ärztin oder Stillberater/-in kann dir Medikamente wie Domperidon oder Kräuter wie Bockshornklee und Milchdistel zur Steigerung deiner Milchmenge verschreiben [4].

Bestimmte Lebensmittel wie Hafer und Leinsamen sollen die Laktation verbessern können und sind deshalb häufig in sogenannten Stillkeksen enthalten, wobei es nur wenige Hinweise dafür gibt, dass diese tatsächlich wirksam sind. 

Natürlich solltest du jedwede Medikamente oder pflanzliche Heilmittel erst nach Absprache mit deinem Arzt/deiner Ärztin anwenden.

Ist eine Laktation ohne das Gebären eines Kindes möglich? Können Männer laktieren?

Ja! Eine spontane Laktation oder Galaktorrhoe kann sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten, die aufgrund einer Erkrankung oder einer medikamentösen Behandlung erhöhte Östrogen- und Progesteronspiegel aufweisen [7].

Bei Frauen kann die Laktation zudem durch Medikamente, Hormontherapien und eine Stimulation der Brustwarzen herbeigeführt oder wieder in Gang gebracht werden [2].

Wie kannst du die Laktation stoppen?

Die beste Methode zum Beenden der Milchproduktion deiner Brüste besteht darin, die abgegebene Milchmenge über einen gewissen Zeitraum langsam zu reduzieren [8].

Es wird empfohlen, dieses Abstillen langsam einzuleiten, da ein plötzlicher Abbruch zu einem Milchstau in den Brüsten führen kann. Dieser kann sehr schmerzhaft sein und eine Mastitis verursachen, eine Erkrankung, bei der die Brüste rot und geschwollen sind und die mitunter eine Antibiotikatherapie erfordert. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bestimmte verschreibungspflichtige Medikamente anzuwenden, die die Milchproduktion stoppen [2].

Fazit

Es ist klar, dass die Laktation ein komplizierter Vorgang ist, der durch jede Person anders erlebt wird.

Für viele ist sie ein willkommenes Ritual, und für andere ist sie ein unerwünschter Nebeneffekt.

Obgleich die Laktation eine unwillkürliche Körperfunktion ist, ist es hilfreich zu wissen, dass es Methoden gibt, mit denen du sie je nach deiner Situation fördern oder unterdrücken kannst. Natürlich solltest du dich an deine(n) Ärztin/Arzt wenden, falls du das Gefühl hast, dass du körperlich nicht ganz auf der Höhe bist.



Referenzen

  1. Andreas, N. J., Kampmann, B., & Le-Doare, K. M. (2015). Human breast milk: A review on its composition and bioactivity. Early Human Development, 91(11), 629-635. doi: 10.1016/j.earlhumdev.2015.08.013
  2. Amir, L. H., & Livingstone, V. H. (2016). Management of common lactation and breastfeeding problems. Management of Breast Diseases (pp. 81-104). Springer, Cham. doi: 10.1007/978-3-319-46356-8_5
  3. Dahl, L. (2015). Anatomy and Physiology of Breastfeeding. Clinician’s Guide to Breastfeeding, 17-34. doi: 10.1007/978-3-319-18194-3_2
  4. Sadovnikova, A., Wysolmerski, J. J., & Hovey, R. C. (2020). The onset and maintenance of human lactation and its endocrine regulation. Maternal-Fetal and Neonatal Endocrinology (pp. 189-205). Academic Press. doi: 10.1016/B978-0-12-814823-5.00014-3
  5. Alex, A., Bhandary, E., & McGuire, K. P. (2020). Anatomy and physiology of the breast during pregnancy and lactation. Diseases of the Breast During Pregnancy and Lactation, 3-7. 10.1007/978-3-030-41596-9_1
  6. Sriraman, N. K. (2017). The nuts and bolts of breastfeeding: Anatomy and physiology of lactation. Current Problems in Pediatric and Adolescent Health Care, 47(12), 305-310. doi: 10.1016/j.cppeds.2017.10.001
  7. Al-Chalabi, M., Bass, A. N., & Alsalman, I. (2018). Physiology, prolactin. StatPearls. https://europepmc.org/article/NBK/nbk507829 
  8. Grueger, B., Canadian Paediatric Society, & Community Paediatrics Committee. (2013). Weaning from the breast. Paediatrics & Child Health, 18(4), 210-210. doi: 10.1093/pch/18.4.210

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