Raum für das Gespräch über die reproduktive Gesundheit der LGBTQ+-Gemeinschaft schaffen
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Raum für das Gespräch über die reproduktive Gesundheit der LGBTQ+-Gemeinschaft schaffen

Bethany Burgoyne Bethany Burgoyne

Bei Gesprächen zum Thema reproduktive Gesundheit und Schwangerschaft geht es zumeist um Beziehungen zwischen einer Frau und einem Mann. Die Erfahrung der Menstruation und Fruchtbarkeit sind jedoch nicht an eine bestimmte Sexualität oder gar Geschlechtsidentität gebunden. Sie ist vielmehr eine einzigartige Erfahrung, die individuell betrachtet werden sollte, denn das Verständnis der menstruellen Gesundheit und Fruchtbarkeit ist etwas, von dem jeder profitieren kann. Während der Pride Month zu Ende geht, wollen wir weiterhin das Bewusstsein dafür schärfen, wie ich und andere Menschen der LGBTQ+-Gemeinschaft eine fundamentale Rolle spielen. 

Bewusstsein für die LGBTQ+-Gemeinschaft

Die Sensibilisierung für das Stigma, mit dem LGBTQ+-Menschen mitunter in Bezug auf ihre Fruchtbarkeit und reproduktive Gesundheit konfrontiert werden, ist für eine Veränderung veralteter Einstellungen unerlässlich. Fakt ist, dass sich die möglichen Wege zur Elternschaft für viele LGBTQ+-Partner deutlich von dem heterosexueller Paare unterscheiden. Man sollte jedoch nicht annehmen, dass in einer nicht zis- und heterosexuellen Beziehung lebende Menschen keine Kinder haben wollen oder haben können. Ich bin eine pan- und zissexuelle Frau, und meine Beziehung zum Thema Fruchtbarkeit verändert sich von PartnerIn zu PartnerIn. Wenn ich Sex mit einem mit einem Penis ausgestatteten Menschen in Betracht ziehe, denke ich zuerst an Gespräche über die notwendige Empfängnisverhütung und die Auswahl an Verhütungsmöglichkeiten. Wenn ich jedoch mit einer Frau oder einem Menschen mit einer Vulva zusammen bin, liegt der Fokus auf sexuell übertragbaren Krankheiten und der Erschwinglichkeit von Fruchtbarkeitsbehandlungen wie Spendersamen und künstliche Befruchtung. 

 

Was sich jedoch nicht ändert, ist die Wichtigkeit, der eigenen reproduktiven Gesundheit Priorität einzuräumen und den schwankenden Menstruationsyzklus zu verstehen. 

Menstruierende LGBTQ+-Frauen oder -Personen wie ich wollen und müssen dennoch wissen, wie unsere Fortpflanzungshormone unsere Stimmung, unser Energieniveau und unser allgemeines Wohlbefinden beeinflussen. In vielerlei Hinsicht sind wir einem zusätzlichen Druck hinsichtlich unserer Fortpflanzungsfähigkeit und der Verhütungsmethoden ausgesetzt, da der Weg zu einer Schwangerschaft länger sein kann und Fruchtbarkeitsbehandlungen der assistierten Reproduktionstechnik und möglicherweise heftige Kosten mit sich bringt. Die Verfolgung jedes Menstruationszyklus ist eine hervorragende Methode, um auf Probleme aufmerksam zu werden, die eine zukünftige Familiengründung beeinflussen könnten. Sie verleiht dir zudem eine bessere aktuelle Kenntnis deiner allgemeinen Gesundheit, indem du natürliche Schwankungen deiner Stimmung, deines Appetits und deines körperlichen Erscheinungsbildes (einschließlich deiner Hautgesundheit, Blähungen und Brustschwellungen) besser verstehst.

Gleichberechtigter Zugang

Vor zwanzig Jahren war die Idee, dass gleichgeschlechtliche Paare ein Kind haben könnten, nicht realisierbar. Obwohl sich dies ändert, ist die Diskrepanz zwischen den Empfängnismöglichkeiten für heterosexuelle und LGBTQ+-Paare leider immer noch beträchtlich. Fruchtbare heterosexuelle Paare ersparen sich nicht nur erhebliche finanzielle Kosten, sondern müssen zudem geringere rechtliche und emotionale Schwierigkeiten bewältigen. Angesichts der Tatsache, dass schwule und lesbische Ehen immer noch in über drei Vierteln der Welt illegal oder nicht anerkannt sind, stehen gleichgeschlechtliche Paare hinsichtlich ihres möglichen Wegs zur Elternschaft vor zahlreichen Hindernissen [1]. Dies kann zu emotionalem und mentalem Stress führen, der sich mitunter noch verschlimmert, wenn Kinderwunschkliniken LGBTQ+-freundliche Inhalte nicht auf ihren Websites oder in ihren Geschäftsmodellen berücksichtigen. Denk nur eine Sekunde lang darüber nach, wie viele gleichgeschlechtliche Paare du in der Werbung siehst, und dir wird die mangelnde Repräsentanz bewusst werden.

Europaweit lassen derzeit 21 Länder einen Partner eines gleichgeschlechtlichen Paares das Kind des anderen Partners adoptieren, 17 Länder erlauben eine gemeinsame Adoption, und 14 Länder ermöglichen lesbischen Paaren einen Zugang zu Fruchtbarkeitsbehandlungen mit Spendersamen einschließlich der IVF (In-vitro-Fertilisation) [2]. LGBTQ+-Paare haben oft eine jahrelange Recherche in Bezug auf ihre Rechte und ärztlichen Kosten hinter sich, bevor sie einen Weg zur Erfüllung ihrer Kinderwunschträume finden. Und selbst für alleinstehende Frauen und andere gebärfähige Menschen kann der Zugang zu Spendersamen schwierig sein. Indem du deinen Zyklus verfolgst und über deine persönliche Gesundheit informiert bleibst, kannst du diese zusätzlichen Belastungen lindern. Zudem kann das Zyklustracking dir helfen, Muster in deiner psychischen Gesundheit, Stimmung und Denkweise zu erkennen. Ich zum Beispiel bemerke drastische Veränderungen meiner Stimmung, wenn ich in meinen Zyklen von der Follikel- zur Lutealphase übergehe.

Glückliche Realität der LGBTQ+-Elternschaft

Für gleichgeschlechtliche Paare auf dem Weg zu einem Baby ist die Auswahl der Eizelle, Spermien und Gebärmutter eine spannende, jedoch mitunter komplizierte Angelegenheit. Einige Frauen und Menschen mit einer Gebärmutter möchten vielleicht ihre Eizellen, jedoch nicht ihre Gebärmutter verwenden. Während andere das Kind lieber austragen möchten, anstatt Zellen zu spenden [3]. Es ist wichtig, Raum für eine konstruktive Diskussion zu schaffen, da diese Entscheidungen emotionale und mentale Auswirkungen für alle Beteiligten haben können.

Die transparente Berücksichtigung weiterer LGBTQ+-Familien in den Medien und der Unterhaltungsbranche ist ein hervorragender Weg, um den Prozess zur gleichgeschlechtlichen Elternschaft zu normalisieren. Shows wie die dänische Dramaserie „Skruk“ („Baby Fever“) sowie Befürworter und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die über ihre LGBTQ+-Erfahrung des Kinderkriegens sprechen, sind großartige Beispiele dafür, wie diese größere Sichtbarkeit erreicht werden kann. Diese Diskussionen können zudem Menschen Hoffnung und Mitgefühl geben, die eine Fehlgeburt oder eine fehlgeschlagene IVF-/IUI-Behandlung hinter sich haben. 

Außerdem schafft eine solche Sichtbarkeit ein unterstützenderes Umfeld für Kinder, die mit gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachsen. Die Tatsache, dass der nicht gebärende Elternteil in einigen Ländern jetzt legal als Mutter anerkannt wird, ohne eine Adoption beantragen zu müssen, ist eine fantastische rechtliche Entwicklung. Entscheidungen wie diese haben einen großen Einfluss auf die Unterstützung und Akzeptanz, die LGBTQ+-Menschen auf ihrem Weg zur Elternschaft spüren.

Zu dieser positiven gesellschaftlichen Veränderung kommen neue Studien hinzu, die zeigen, dass gleichgeschlechtliche weibliche Paare unter allen Patienten die erfolgreichste Geburtenrate pro eingesetztem Embryo haben [4]. Es wird angenommen, dass dies unter anderem daran liegt, dass Frauen und menstruierende Menschen sich in einem jüngeren Alter oder vor der Entstehung von Fruchtbarkeitsstörungen einer Behandlung unterziehen. Dies unterstreicht wie wichtig es ist, durch ein Tracking der Zyklen und Symptome über die eigene menstruelle Gesundheit informiert zu bleiben. Auf diese Weise können mögliche Probleme früher erkannt und rechtzeitig behandelt werden.

Die Kosten der Empfängnis

Was die Kosten der Fruchtbarkeitsbehandlungen angeht, so kann davon ausgegangen werden, dass die meisten gleichgeschlechtlichen Paare Zehntausende Euro für den Versuch einer Schwangerschaft ausgeben. Dies kann bedeuten, dass man bereits Jahre bevor man sich fürs Kinderkriegen entscheidet oder eine(n) PartnerIn hat, mit dem/der man eine Familie gründen will, mit dem Sparen anfangen muss. Da die meisten Länder LGBTQ+-Paaren jedwede Fruchtbarkeitsbehandlungen versagen, müssen viele eine Reise ins Ausland auf sich nehmen, um dort eine Lösung in Form teurer Verfahren wie künstliche Befruchtung, IUI (intrauterine Insemination) oder IVF zu finden.

Hinzu kommt die Ungleichheit hinsichtlich der staatlichen Finanzierung in Ländern, in denen Fruchtbarkeitsbehandlungen für LGBTQ+-Paare legal sind. Zum Beispiel werden heterosexuellen Paaren in Großbritannien drei kostenlose IVF-Zyklen angeboten, wenn sie nach zwei Jahren ungeschützten Geschlechtsverkehrs nicht schwanger geworden sind. Dahingegen müssen lesbische Paare zunächst sechs in Privatkliniken durchgeführte IUI-Zyklen bezahlen - was zwar billiger, aber im Allgemeinen weniger wirksam als die IVF ist -, bevor sie sechs kostenlose IUI-Zyklen und schließlich eine IVF erhalten können. 

Um dies in einen finanziellen Kontext zu bringen: Ein IUI-Zyklus kostet zwischen 700 und 1600 Pfund (800 bis 1900 Euro), während der Spendersamen mindestens weitere 850 Pfund (1000 Euro) kostet. Dies kann sich wirklich summieren, besonders wenn man bedenkt, dass man möglicherweise nicht beim ersten Versuch schwanger wird und so mehrere Ampullen mit Spendersamen kaufen muss. Daher kann es sehr hilfreich sein, kontinuierlich den eigenen Zyklus zu verfolgen und so mögliche Probleme vor den ersten Schritten in Richtung Empfängnis zu bemerken. innes Blog hält einige wunderbare Artikel zum Thema Fruchtbarkeit und Hormone für dich bereit, wie zum Beispiel 6 Anzeichen des Eisprungs und Alles, was du über die Lutealphase wissen musst

Transgenderfreundliche Gespräche

Es ist wunderbar zu sehen, wie Werbekampagnen und -botschaften die Tatsache zum Ausdruck bringen, dass nicht alle Menschen, die eine Menstruation haben, Frauen sind. Aber bereits der Begriff „Femtech“ kann leider dazu führen, dass Menschen mit einer nichtbinären oder transmaskulinen Geschlechtsidentität das Gefühl haben, vom Gespräch ausgeschlossen zu sein. Daher ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Menstruation und gesundheitlichen Probleme der Genitalien bei einigen Menschen zu Genderdysphorie (Geschlechtsidentitätsstörungen) oder Scham führen können [5]. Wir können alle dazu beitragen, alternative Wege zu finden, um die Erfahrung der Menstruation bewältigbar und frei von jedweder Angst vor einem Outing zu machen. Dies beginnt damit, dass man auf seine Wortwahl achtet und andere nicht danach beurteilt, ob sie sich einer operativen Geschlechtsumwandlung unterzogen haben oder nicht. 

Es ist daher erfreulich, dass Apps wie inne ein privates und persönliches Tool zum diskreten Zyklustracking bieten. Indem wir stets über unsere menstruelle Gesundheit informiert sind, gibt es etliches, was wir über uns selbst, unsere Stimmungsschwankungen und unseren Körper lernen und verstehen können. Durch die aktuelle Kenntnis deines Zyklus und das Wissen, wann deine nächste Periode fällig ist, kannst du ein Gefühl der Kontrolle erlangen. Wenn du durch diese Informationen in deiner Tasche, auf deinem Handy, auf den Beginn deiner Periode vorbereitet bist, lindert das möglichen zusätzlichen Stress.

Sprache der Veränderung

Wie immer gehen gesellschaftliche Veränderungen mit der Notwendigkeit einer inklusiven Sprache und terminologischer Anpassungen einher. Zum Beispiel können Menschen, die bei der Geburt als weiblich eingeordnet wurden, sich jedoch anders identifizieren, dennoch Zugang und Unterstützung hinsichtlich Abtreibungen, Empfängnisverhütung, Endometriose oder PCOS benötigen. Dies kann Hormontherapien, geschlechtsbestätigende Hysterektomien, Fruchtbarkeitsbehandlungen sowie Gewalt und psychische Probleme betreffen [6].

Wir alle können einen Beitrag dazu leisten, eine glücklichere, LGBTQ+-freundlichere Zukunft zu schaffen, indem wir unsere Mitmenschen nach ihren Pronomen fragen und uns von unseren Vorurteilen hinsichtlich des Geschlechts, Familienstands sowie der Menstruation und sexuellen Vorgeschichte lösen. Durch diese einfachen individuellen Ansätze können wir gemeinsam dazu beitragen, ein Gefühl der Solidarität für und mit der LGBTQ+-Gemeinschaft aufzubauen. Inne ist stolz darauf, daran Teil zu haben, wie sich Menschen weltweit auf ihrem individuellen und persönlichen Weg der reproduktiven Gesundheit und Fruchtbarkeit unterstützen.

References 

1. https://www.bbc.co.uk/news/world-43822234 - Homosexuality: The countries where it is illegal to be gay, published 12 May 2021

2. https://news.trust.org/item/20210426084346-49y09 - Long road to motherhood: Lesbians fight for IVF in Europe, published Monday, 26 April 2021

3. Same-Sex Couples Face Fertility Issues When Trying to Conceive, Stephanie Watson, published  December 16, 2020 https://www.webmd.com/infertility-and-reproduction/features/same-sex-couples-pregnancy

4. New figures show how different people are using IVF, Human Fertilisation and Embryology Authority, published September 2020 https://www.hfea.gov.uk/about-us/news-and-press-releases/2020-news-and-press-releases/new-figures-show-how-different-people-are-using-ivf/#:~:text=The%20report%20also%20highlighted%20that,lowest%20birth%20rates%20at%2017%25

5. National Center for Transgender Equality. The Report of 2015 of Transgender Survey [Internet]. 2015. Available from : https://transequality.org/sites/default/files/docs/usts/USTS-Full-Report-Dec17.pdf

6. Wilson C, Cariola LA. LGBTQI> Youth and Mental Health: A Systematic Review of Qualitative Research. Adolescent Res Rev. 2020;5:187–211. [Google Scholar].

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